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Lost Philosophy

just loose it

Schluck deine Wut nicht runter!

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Schreib von deinem geilsten Ausraster

Wut, ein "verpöntes Gefühl" (Dr. Adelheid Kastner). Niemand spricht gerne darüber, schon gar nicht wenn es in einem Ausraster ausbricht.

Wir veröffentlichen auf dieser Seite (natürlich anonym, also ohne Name oder irgendwelche Infos, die auf die Person schließen lassen) die Geschichten oder Fotos von Leuten, die uns ihre heftigsten Ausraster in einer Mail beschrieben und geschickt haben.

Sei dabei, entweder per Mail an lost@lost-philosophy.orgüber das Kontaktformular oder schreibt uns an auf Facebook. Wir veröffentlichen ausgewählte Storys unter einem Künstlernamen, den ihr euch aussucht oder anonymisiert.

Kontakt

Die Schranktüre

männlich, 23 Jahre

Ich studiere Geige in München. Eines Tages kam ich zum Proben in die Uni und traf meinen Lehrer, der beim Rauchen vor der Türe stand. Er versuchte mich zu überreden, mit ihm und einem anderen Schüler im Trio ein neues Stück einzustudieren, weil ihnen ein 3. Mann fehlte. Ich wollte allerdings nicht irgendetwas üben, das nichts mit meinem aktuellen Programm zu tun hatte, da ich in dieser Woche vier Konzert- Auftritte hatte und mich außerdem auf Tonstudioaufnahmen am nächsten Tag vorbereiten musste.   

Ich hatte gehofft, dass mein Lehrer Verständnis für diese Begründung hat. Stattdessen machte er mir Vorwürfe, die Absage wäre unangebracht und undankbar. Als ich das Universitätsgebäude betrat folgte er mir und versuchte mich weiter zu überreden. Mein Tonfall war schon extrem angepisst als ich ihm zum wiederholten Male mit Nachdruck klar machen wollte, dass ich heute einfach keine Zeit dafür übrig habe. Er ließ aber nicht locker und jammerte rum, dass momentan kein anderer verfügbar wäre. 

Schließlich gab ich nach, folgte ihm in den Probenraum und nahm die Notenblätter unter die Lupe. Dabei wurde mir schnell klar, dass das Stück sauschwer war und ich dafür noch ein paar extra Übungs-Stunden in dieser Woche hätte einlegen müssen und ich die Zeit dafür schlichtweg nicht übrig hatte. 

Als ich das meinem Lehrer klar machen wollte und eine neue Diskussion losbrach ist mir einfach der Kragen geplatzt. Ich habe die Notenblätter vom Notenständer gerissen und bin zum Fenster gestürmt. Mein Geschreie „Ich will das nicht spielen!“ unterstrich ich, indem ich mit den Notenblättern vehement auf die Fensterbank ein drosch. Dann habe ich die Blätter erst auf den Boden geschleudert, dann wieder aufgehoben und in winzig kleine Fetzen zerrissen, bis sie wie Schneeflocken zu Boden schwebten.

Danach habe ich mehrere Male gegen die Türe getreten und weiter geschrien „Ich will das nicht spielen!“.
Wenigstens war meinem Lehrer zu diesem Zeitpunkt definitiv klar, dass er auf weitere Überredungsversuche verzichten konnte.


Musikalischer Outburst
Scherben bringen Glück
(für den Geschirrhersteller ...)

Das Kaffeeservice


Einmal rastete ich nach einer Enttäuschung ziemlich unbeherrscht aus. Grund: ich stellte fest, dass mein damaliger Beziehungspartner heimlich mit seiner EX abhing, weil er mir beim Zeigen eines Fotos versehentlich Einblick zu den Bildern gewährte,die zu dem Zeitpunkt datiert waren, als wir zusammen waren. 

Was mich zur Weißglut gebracht hatte war nicht allein, die Tatsache, dass er mein Vertrauen missbraucht hatte, sondern wie schlecht er versuchte es zu leugnen. Ich schmiss ihn aus der Wohnung, sah aus dem Wohnzimmerfenster nach, wie er abhaute und warf dabei schon sämtliche Gegenstände, die ich finden konnte hinterher. Unter anderem eine Sammlerfigur, die mich in dem Moment einen Scheiß interessierte. 

Ich wollte aber weiterhin zerstören, ich war in einem Wahn, öffnete den Küchenschrank und warf aus meinem Geschirr-Inventar nacheinander alles durch die Wohnung, was sich darin befand. Ein Teller rutschte mir aus der Hand und brach nur an einer Stelle ab. Die geringe Zerstörung machte mich noch wütender und ich hob den Teller erfüllt von Aggression wieder hoch, um ihn in mehrere Einzelteile zu zerschmettern. Vor lauter Enthusiasmus an der Zerstörung merkte ich nicht, wie die scharfe Kante an der abgebrochenen Stelle meinen Daumen der Länge nach aufschnitt. 

Als das gesamte Geschirr zerstört war, bemerkte ich einige Blutspritzer verteilt in der Wohnung. Erst langsam setzte das pochende Gefühl am Finger ein und ich bemerkte, dass dieser einen tiefen Einschnitt davon getragen hatte. Der Scherbenberg blieb noch einige Zeit in der Wohnung liegen, ich schob ihn bei Bedarf zur Seite um Platz zu haben. Im Nachhinein bedauerte ich den Vorfall mir selbst gegenüber, als ich nach einer Tasse zum Kaffeetrinken suchte ...



Die Schranktüre

männlich, 35 Jahre

Ich bin kein großer Erzähler.
Aber hier ein Foto von einem Schrank, den ich mal wütend geprügelt habe

"Wenn ein Schrank nicht mehr hält wie ein Schrank, sind wir jenseits von Schweden"
(Disney´s Pinguine aus Madagascar)

Alkohol ist nicht immer
die beste Droge

Die Schere

weiblich, 21 Jahre

Einmal habe ich mir so viel reingeschüttet, dass ich eine Alkoholvergiftung hatte. Wir sind um die Häuser gezogen, es war so halb 1 rum und ich kann mich nur noch daran erinnern, dass mir plötzlich jemand einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf verpasst hat. Der Schlag auf den Hinterkopf war der Asphalt, auf den ich laut Erzählungen meiner Freunde geknallt bin, als ich kerzengerade umgefallen bin.

Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, habe ich nichts erkannt und hatte keine Ahnung, wo ich bin und wer die Leute sind, die sich über mich beugen und an mir rumfummeln. Ich konnte nur klar sehen, was sich in meiner direkten Nähe befindet. In meiner direkten Nähe lag eine Schere. Ich griff sie, sprang auf, zerrte irgendwas mit, was an mir befestigt war und ging auf die erste Person los, die meiner Flucht im Weg stand.

Später wurde mir anklagend vorgehalten, was ich mir denn bloß dabei gedacht habe mit einer Schere auf eine Krankenschwester loszugehen. Ich habe mir gar nichts gedacht. Ich habe nicht mal gecheckt wer oder wo ich bin.


Der Milchreis

weiblich, 27 Jahre

Ich weiß noch, als ich für meinen Freund Milchreis gekocht habe und er sich beschwert hat, dass ihm der nicht schmeckt und dass er außerdem angebrannt ist. Wahrscheinlich bin ich so ausgerastet, weil mich seine Undankbarkeit schon ewig nervt und ich nie wirklich was gesagt habe. Ich habe ihm die Schüssel weggerissen und bin sauer in die Küche gestapft.

Als er mir hinterher gelaufen ist mit dem Spruch „reg dich doch jetzt nicht auf“ habe ich mich umgedreht, ihm entgegengeplärrt „du undankbares Stück!“ und die Schüssel neben ihm gegen die Wand gepfeffert. Die ganze Wand war verschmiert und er stand noch mit den Händen in der Luft da, die er im Reflex hochgerissen hatte, um die fliegende Schüssel abzuwehren.

Gott sei Dank habe ich ihn nicht getroffen. Im Nachhinein konnten wir darüber lachen. In dem Moment nicht. In dem Moment dachte er wahrscheinlich, er hätte es mit einer Wahnsinnigen zu tun.
Undank wird bestraft

Ein erfolgreicher Ausraster

Die Bahn

männlich, 60 Jahre

Vor vielen Jahren hatte mein Zug von Heidelberg nach Stuttgart bereits so viel angekündigte Verspätung, dass ich mir vom Service am Bahnhof durch dessen Anruf bei der Fahrdienstleitung garantieren ließ, dass der Anschluss nach Nürnberg dennoch erreicht werden würde.

Als denn kurz vor Stuttgart die Ansage kam, welche Anschlüsse allesamt nicht mehr erreicht werden würden, war ich zunächst sehr gelassen, denn ich hatte ja vorgesorgt und meine Garantie: Der Interregio nach Nürnberg würde warten - - - dachte ich jedenfalls, und zwar bis zu dem Augenblick, als eben jene näselnde Durchsage kam: "… blablabla … nach Nürnberg wird leider nicht mehr erreicht". Ich, wie von der Tarantel gestochen, hoch, raus auf den Gang: Wo ist der Schaffner? Aha, stempelt seelenruhig Fahrkarten. Ich zu ihm hin, den Sachverhalt erklärt und ihn aufgefordert, doch bitte pronto in Stuttgart anzurufen, dass der bewusste Interregio eben warten müsse, bis die Fahrgäste nach Nürnberg … usw.

Nun erkennt man in der Regel schon am Gesichtsausdruck des Gegenübers unter währendem Vortrag, wie es um die eigene Sache bestellt ist. Die zur Schau gestellte Beamtenkruste in ihrer provozierenden Undurchdringlichkeit führte instantly zu einer spürbaren Erhöhung meines Blutdrucks, wozu der Umstand erheblich beitrug, dass am Bauch dieses Mannes im Holster sein Diensthandy baumelte. Ein Anruf von ihm, und das Problem wäre gelöst. "Nein, das geht nicht." Wieso nicht? "Vorschriften!" Welche Vorschriften? Ich habe die verbindliche Zusage , dass … "Egal, ich kann da nicht anrufen." Können Sie wohl, sie wollen nicht. "Geht nicht!" O.k., dann lassen Sie mich mit dem Fahrdienstleiter sprechen, ich kläre das selbst, ich sehe, Sie haben das Diensttelefon ja bei sich. "Nee, nee, darf ich nicht." 

Da erreichte meine Wut denn doch einen so hohen Grad, dass mir Beherrschung und Gesichtszüge entglitten. Ich fing zu brüllen an, wie es sonst nicht meine Art ist: Was die Bahn sich eigentlich einbilde? Wie man mit Fahrgästen umspringen zu können glaube? Und dass ich in diesem verdammten Zug überhaupt nicht sitzen würde, wenn man mir nicht explizit garantiert hätte, dass der Anschluss … usw., usw. Die Leute wurden auf die Szene aufmerksam, Abteiltüren öffneten sich, Köpfe streckten sich heraus, besorgte Gesichter - irgendwer (er kam mir gerade recht) versuchte beruhigend auf mich einzureden, am liebsten hätte ich ihm eine gelangt, und dann natürlich dem Schaffner in seiner hörnernen Gleichgültigkeit.

Ich war jedenfalls unerreichbar für jede Beschwichtigung, tobte und musste dann violettgesichtig den Rückzug antreten. Doch anscheinend hatte dieser Auftritt, der mir in der Rückschau nur noch peinlich war, doch eine Frucht getragen: Denn keine zehn Sekunden, nachdem ich wieder an meinem Platze saß, ertönte erneut der Lautsprecher: "Entgegen der Ankündigung vor wenigen Minuten wird der Interregio soundso nach Nürnberg nun doch noch erreicht".  Anscheinend hatte der Schaffner nach meinem Abgang also tatsächlich angerufen und vor einem Todsüchtigen gewarnt. "Haltet um Gottes willen diesen Zug auf, der Mann läuft sonst Amok", oder so ähnlich muss es wohl gewesen sein.
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